Psychoonkologische Beratung und Begleitung –

LebensMUTivations-Training – Der Mensch im Mittelpunkt

Ein Anruf – eine Stimme:“ der Krebs ist zurück. Ich habe Angst.“

Ich frage, mit wem ich spreche und bekomme eine Antwort. „Hier spricht Frau R. …wissen Sie noch? Wir haben uns Anfang des Jahres kennen gelernt und ich war ein paar Stunden bei Ihnen, weil ich so eine Angst vor der nächsten Nachsorgeuntersuchung hatte…. Die im April waren super. Alles hat so funktioniert wie wir es besprochen haben- da haben Sie mir so sehr weiter geholfen.

Aber jetzt- ist die Untersuchung voll in die Hose gegangen…. ich bin ein Looser… der Krebs ist zurück…in seiner ganzen Härte. Mehr denn je….. ich weiß nicht mehr weiter…bitte- haben Sie Zeit für mich? Darf ich vielleicht direkt kommen? Ich bringe das Ergebnis gleich mit, stehe gerade noch vorm Krankenhaus…“

Ich schaue in meinen Kalender und sage ihr, dass sie sich sofort zu mir auf den Weg machen darf. Manchmal passt das aber auch wirklich, dafür sorgt das Schicksal scheinbar immer. Gut, dass in den nächsten zwei Stunden kein weiterer Termin ansteht. Ich bereite unseren Gesprächsraum schon einmal vor. Ein wenig Wasser, Kaffee mag sie über alles – ist schnell gekocht und eine gut duftende Kerze ist schon angezündet. In der Zwischenzeit ist sie angekommen.

Es klingelt an der Tür. Ich öffne ihr und sie bemerkt direkt, dass ich schon einmal etwas vorbereitet habe…. „Frau Heckmann, sie sind ein Schatz..“ „Ja, manchmal 😉“ begegne ich ihr mit einem Augenzwinkern. Sie nimmt den Kaffee dankend an, fährt erst einmal etwas runter und berichtet, wie es ihr in der Zwischenzeit ergangen ist, und erzählt mir dann alles zur aktuellen Nachsorge und dem Ergebnis, den Arztbericht hat sie direkt mitgebracht.

Ich schaue ihn durch und frage sie, ob sie alles verstanden hat, was der Arzt ihr gesagt hat. Sie berichtet mir, dass sie alleine dort war zur Besprechung, dass sie dachte, das sie stark sei, aber dass das nicht so wirklich funktioniert hat. Sie erzählt mir vom Ergebnis der Nachsorge und dem weiteren Vorgehen, auch den Bericht vom Onkologen hat sie mir direkt dazu gelegt. Sie hat auch alles verstanden.

Aber – angekommen ist es noch nicht. Was da ist, ist eine große Angst. Eine Angst, das erlebte der letzten Therapien erneut miterleben zu müssen. Die Tief´s und Hoch´s. Die Nebenwirkungen, die Hilflosigkeit. „Wie soll ich das meiner Familie beibringen? Die haben doch gerade ganz andere Pläne. Meine große Tochter möchte heiraten, die kleine ein Auslandsjahr absolvieren…“ Wir sprechen eine ganze Weile miteinander, machen eine Entspannungsübung und einen Masterplan für Frau R. – wie sie ihrer Familie berichten kann, ich nehme mir genügend Zeit, bis ich das Gefühl habe, Frau R. ist wieder einigermaßen gefestigt und kann den Rückweg nach Hause antreten.

Aber nicht- ohne einen neuen Termin vereinbart zu haben. Das wird schwierig, das sich Frau R. nun zunächst wieder einen Port einsetzten lassen muss. Wir vereinbaren also einen Termin nach dem Eingriff und ich verspreche ihr, das ich reinschauen werde im Krankenhaus, wenn ich sowieso dort bin, was ja ab und zu mal der Fall ist.

Frau R. meldet sich nach erfolgreicher OP wieder bei mir. „Frau Heckmann, es ist geschafft, in der nächsten Woche geht es los, und ich M U S S noch was mit Ihnen besprechen…. Wann haben Sie Zeit für mich? Klappt das noch vor der Chemo?“ „Ich schaue gleich mal nach, aber- da bekommen wir etwas hin“ Und tatsächlich gibt es noch einen Termin, an dem wir beide können. Ich schlage Frau R. vor, einen Spaziergang im Wald zu machen.

Das findet sie eine tolle Idee. Also treffen wir uns in einem Waldstück nähe Emsdetten, ich nehme Luci- meinen Hund mit. Freudige Begrüßung von Frau R. – erst der Hund- dann ich – hmm…man beachte die Reihenfolge….

Wir gehen eine schöne Runde, und verabreden, wenn es nicht mehr geht, wieder zurück zu gehen. Wir schaffen tatsächlich eine ganze Runde, das war nicht wenig und tat gut. Sprechen und gehen- im Wald- einfach wunderbar. Wir haben einen Baum umarmt- einfach so. Toll. Ein schönes Gefühl. Freiheit. Sonne. Wald. Ein friedlicher Tag. Anschließend haben wir uns mit einem Kaffee im nahe gelegenen Wald-Cafe belohnt.
Heute – zu diesem Wald-Spaziergang treffe ich eine Frau R. – die vor Selbstsicherheit nur so strotzt.

Sie hat sich über komplementäre und alternative Therapiemethoden informiert und bereits auf mein Anraten mit der Onkologin darüber gesprochen, was machbar ist. Sie ist felsenfest von ihrem Weg überzeugt, hat sich ihre Methoden herausgepickt und will diesen Weg gehen. Und die Onkologin geht mit – großartig. Wer nicht mitgeht – das ist die Familie. Diese hat Angst, ist nicht so gut informiert. Also verspreche ich Frau R. – sobald wie möglich einmal in die Familie zu kommen, um gemeinsam zu sprechen. An diesem Tag gehen wir sehr positiv gestimmt auseinander.

Dann folgt für Frau R. Chemo Nummer eins und zwei. Und dann höre ich auch erst wieder etwas von ihr. Es klingelt eines Abends das Telefon. Die älteste Tochter von Frau R. ist dran. Sie fragt, ob ich in die Familie kommen könne. Es gibt Komplikationen. Frau R. würde es gar nicht gut gehen. Weder körperlich (das war ja zu erwarten) noch seelisch-psychisch.

Sie verschließt sich, ist unruhig und voller Angst. Ok… das hört sich nicht gut an und ich entschließe mich dazu, direkt am folgenden Tag zu der Familie zu kommen. Es ist ein Samstag- ja- eigentlich ein freier Tag, aber da am kommenden Montag die nächste Chemo ansteht, entschließe ich mich dazu. Die Familie ist erleichtert.
Am nächsten Tag mache ich mich früh morgens auf den Weg. Und treffe wirklich die gesamte Familie an. Frau R. sieht gezeichnet aus von den Chemos. Bereits jetzt fallen ihre Haare aus, so dass sie sie hat kürzer schneiden lassen. Sie hat jegliche Nebenwirkungen mitgenommen und wäre bei der letzten Chemogabe fast umgekippt. Nun steht die nächste Chemo an, die nun am Montag unverändert gegeben werden soll, allerdings mit allen Medikamenten, die gegen die Nebenwirkungen sind, vorab.

Aber genau das führt zu Panikattacken, zu Unruhe. DAS sagt zumindest die Familie. Mir kommt das etwas spanisch vor und ich frage genauer nach. Im Anschluss vergewissere ich mich beim einem Arzt aus dem Netzwerk, ob die genannten Nebenwirkungen und Symptome auch von einem zusätzlich eingenommenen Präparat kommen können.

Ich konnte ihn sofort erreichen – Gott sei Dank- und er bestätigte dies. Ok. Also – am Montagmorgen sofort den Onkologen kontaktieren und den Arzt, der das zusätzliche Präparat verschrieben hat. Sollte es sich verschlimmern, gebe ich den Rat, noch am Samstag oder Sonntag in die Notfallambulanz zu fahren.

Ich spreche nun noch mit der Familie. Zunächst mit jedem einzeln. Dann mit der Familie zusammen. Die Familie von Frau R. ist klasse, so offen können sie miteinander reden, jeder ist in der Lage, seine Bedürfnisse und Bitten klar und wertfrei zu formulieren. Alle stehen der Mutter und Frau bei.
Am Montagmorgen dann treffe ich Frau R. wieder. Sie hat es geschafft bis zum Montag, ist stolz das sie nicht in die Notfallambulanz musste. Sagt, dass es ihr einfacher gefallen sei, als sie wusste, dass das alles von der zusätzlich eingenommenen Substanz kommt. Ich bin beim Onkologen-Gespräch dabei und bleibe bei ihr, als sie ihre Chemo begonnen hat. Dann verabschiede ich mich irgendwann von ihr…

Frau R. ist eine starke Frau, hat eine tolle Familie um sich, die hinter ihr steht, ihr den Rücken freihält, sie trägt und stützt, wenn es nötig ist. Das ist so sehr wichtig.

Frau R. hat den Krebs erneut besiegt. Ihr geht es heute wieder gut. Sie hat es geschafft. Wir haben weiterhin einen guten Kontakt und werden wohl auch in Zukunft das ein oder andere Mal wieder spazieren gehen im Wald. Weil das Spaß gemacht hat, gut getan hat und man dort besser denken kann. Und wir werden bestimmt auch wieder einen Baum umarmen – einfach so- und DANKBAR sein.